Montag, 31. Dezember 2012

Die Deutschen trinken den billigsten Wein

Beim Wein- und Sektversender Hawesko herrscht im Dezember Hochbetrieb. Auch in Krisenzeiten gönnen sich die Deutschen gern ein Schlückchen, stellt der Chef fest. Dabei bleiben sie Schnäppchenjäger.Von 


Kein Volk der Welt trinkt so viel Sekt wie die Deutschen. Durchschnittlich 4,1 Liter oder umgerechnet fünfeinhalb Flaschen beträgt der Pro-Kopf-Verbrauch, meldet das Deutsche Weininstitut. Ein Großteil davon fällt – wenig überraschend – auf Silvester. Entsprechend geschäftig ist der Dezember für Deutschlands größten Wein-und-Sekt-Versender Hawesko. Im Interview spricht Vorstandschef Alexander Margaritoff über die Trinkkultur in Deutschland und die Ziele mit Hawesko.
Welt am Sonntag: Herr Margaritoff, wie schlimm waren die letzten Wochen des Jahres?
Hawesko.de - Hanseatisches Wein & Sekt Kontor


Alexander Margaritoff: Alles gut, wir wollen ja verkaufen. Wir waren vorbereitet, und die Kunden sind gekommen.
Welt am Sonntag: Auf den Konsum von Wein und Sekt wirkt sich die aufkommende Krisenstimmung also nicht aus?
Margaritoff: Bislang nicht. Wein und Sekt sind aber ohnehin vergleichsweise stabile und krisenresistente Produkte. Es gab eine kleine Delle im Oktober, zum Jahresende war die Kauflust der Verbraucher dafür größer als im Vorjahr. Ich habe das Gefühl, die Deutschen gönnen sich gerade jetzt einen guten Tropfen. Da darf es zu Silvester auch gerne Champagner sein.
ALKOHOLKONSUM IN DEUTSCHLAND
  • Durchschnittlicher Konsum
  • Riskanter Konsum
  • Alkoholabhängigkeit

  • Behandlung



Welt am Sonntag: Die Verbraucher sind nur die eine Seite. Was macht das Firmengeschäft?
Margaritoff: Das Schenken zwischen Geschäftsleuten ist spürbar zurückgegangen. Aber das hat nichts mit Krise zu tun. Dafür sind die verschärften Compliance-Regeln verantwortlich. Die Unternehmen sind extrem vorsichtig geworden. Niemand möchte den Beschenkten in eine schwierige Lage bringen.
Welt am Sonntag: Dann geht Ihnen Geschäft verloren.
Margaritoff: Nein, es gibt keinen Einbruch. Was die Leute an Wein und Sekt nicht geschenkt bekommen, kaufen sie sich selbst.
Welt am Sonntag: Wie wird gekauft? Profitiert Hawesko als Versender vom Online-Boom?
Margaritoff: Das ist kein Online-Boom, das ist ein Tsunami, der derzeit über die Handelswelt hinwegfegt und nahezu alles verändert. Ein Produkt wie Wein ist davon stark betroffen. Wer schon weiß, was er will, kann online schnell und bequem einkaufen. Für die jüngeren Generationen ist das völlig normal, fast schon ein Reflex. Der Online-Weinverkauf in unserer Versandsparte wächst kontinuierlich um 15 bis 20 Prozent pro Jahr. Mittlerweile sind wir am Umsatz gemessen der größte E-Commerce-Weinversender der Welt. Aber wir investieren auch schon seit Mitte der 90er-Jahre konsequent in diesen Kanal. Erst kürzlich haben wir einen Versender aus Berlin gekauft. Und ich kann mir weitere Übernahmen vorstellen. Denn das ist die Zukunft.
Welt am Sonntag: Was wird dann aus Ihrer Ladenkette Jacques' Wein-Depot?
Margaritoff: Auch die hat ihre Berechtigung. Wein ist ein beratungsbedürftiges Produkt. Und hier kann das Internet nur bedingt Abhilfe schaffen. Aktuell haben wir 280 Läden in Deutschland und weitere vier in Österreich. Schon mittelfristig können wir die Zahl der Filialen auf 300 erhöhen. Zumal sich Wein zum Trendprodukt entwickelt hat. Die Leute wenden sich von Spirituosen ab, das zeigt die Konsumstatistik deutlich. Und auch aus dem Bierbereich gewinnen wir Kunden.
Welt am Sonntag: Welchen Wein trinken die Deutschen?
Margaritoff: Den billigsten. Die Deutschen sind beim Weinkauf noch immer Schnäppchenjäger. Italiener und Franzosen gehen in den Laden und verlangen das Beste, die Deutschen fragen nach dem günstigsten Wein. Die Hälfte kauft ihren Wein zudem direkt beim Discounter. Deshalb liegt der Durchschnittspreis für eine Flasche hierzulande auch nur bei 2,63 Euro.
Welt am Sonntag: Ist dieser Drei-Euro-Wein schlechter als Ihre Ware?
Margaritoff: Für Qualität muss man bezahlen. Ein Wein für 2,63 Euro muss nicht schlecht sein, der Unterschied zu einer Flasche für zehn Euro ist aber selbst für Laien spürbar. Je höher es dann geht, desto kleiner werden die Sprünge aber.
Welt am Sonntag: Was ist von einem Wein für 500 Euro pro Flasche zu halten?
Margaritoff: Diese Weine werden in Deutschland nur selten getrunken. Solche Flaschen finden vor allem in China ihre Abnehmer. Für Weinverkäufer ist die Volksrepublik daher ein interessanter Markt. Ich war zuletzt schon einige Mal dort, um mich zu informieren. China ist für uns ein denkbares Expansionsziel. Ohnehin wollen wir bei Hawesko das Auslandsgeschäft forcieren.
Welt am Sonntag: Welche Märkte haben Sie neben China im Blick?
Margaritoff: Wir haben mit unseren bisherigen Aktivitäten genug Erfahrungen gesammelt, um weitere Märkte anzugehen. Im Fokus steht dabei eindeutig Europa. Das ist nach wie vor das Zentrum der internationalen Weinwelt. Interessant sind aber auch Amerika und eben China.
Hawesko.de - Hanseatisches Wein & Sekt Kontor
Hawesko.de - Hanseatisches Wein & Sekt Kontor

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen