Donnerstag, 1. August 2013

Chefin der Württemberger Weinprüfung ist eine Pfälzerin

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Die junge Magdalena Dreisiebner kann schon 25 Jahre „Berufserfahrung“ vorweisen (Foto: S. Mathias)
DEUTSCHLAND (Weinsberg) - Man sagt den Schwaben gern nach, dass sie konservativ sind und am liebsten unter sich bleiben. So betrachtet ist das, was in der Württembergischen Qualitätsweinprüfung passierte, richtig revolutionär. Hier gibt nicht nur eine junge Frau den Ton an, sie kommt zudem aus dem „Ausland“, aus der Pfalz.
Seit 2010 ist Magdalena Dreisiebner Leiterin der Qualitätsweinprüfung in Württemberg. Sie entscheidet zwar nicht unmittelbar über die Anerkennung oder Ablehnung von Anstellungen als Qualitätswein mit Zuteilung einer Prüfnummer. Aber sie hat Kontrollfunktion, ist für die Zusammensetzung der Prüfergruppen verantwortlich und ist auch unmittelbare Ansprechpartnerin für zornige Weingärtner, die mit einem Ablehnungsbescheid konfrontiert wurden und überhaupt nicht akzeptieren wollen, dass ihrem Wein ein Böckser, Mäuseln, Oxidation, UTA (untypischer Alterungston) oder flüchtige Säure attestiert wurde.
„Solche Fehler gibt es zwar nicht in großer Zahl, aber das sind doch die häufigsten“, plaudert Magdalena Dreisiebner aus der Praxis. Und: „Unsere Problemkinder sind nicht die Genossenschaften oder großen Betriebe. Da gibt es überall geschulte, studierte Oenologen und man kann teilweise schon in einem eigenen Labor Fehlentwicklungen feststellen und korrigieren.“ Schwierigkeiten mit der Qualität haben dagegen nach ihrer Erfahrung mehr die Erzeuger, die für den Eigenbedarf und Buschenschank produzieren und keine Profis im Keller sind.
Ihr Büro hat sie in einem roten Backsteinhaus auf dem Gelände der obersten Weinprüfbehörde in Württemberg, der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg. Die Prüfungen finden 200 Meter weiter im Gebäude des Weinbauverbandes statt. Rund 100 erfahrene und geschulte Verkoster stehen in Dreisiebners Kartei. Gefordert werden sie vor allem im Frühjahr von März bis Mai, wenn die Weine gefüllt sind und dann auch noch mal kurz vor dem Herbst, wenn die Keller für die neue Ernte frei gemacht werden müssen. Meist sind zwei oder drei Gruppen mit jeweils vier Weinnasen aktiv. Während sie probieren, ist es mucksmäuschenstill im Raum, in dem jeder ein eigenes Kabäuschen hat. Nur am Schluss einer Runde gibt es eine kleine, leise Feinabstimmung, ob ein Wein dabei war, der weniger als 1,5 von 5 theoretisch möglichen Punkten bekam und damit abgeschmettert ist. Alles, was bei der Prüfung übrig bleibt, wird in Kunststofftanks gesammelt und später zu Essig umgewandelt, inklusive der Weine, die wegen deutlichem Essigduft (Flüchtige Säure) abgeschmettert wurden.
Auf die Konsumenten kann man solche und andere fehlerhafte Wein nicht loslassen. Kann sein, dass der Erzeuger trotzdem später in Widerspruch geht oder sogar Klage erhebt gegen den Bescheid. Beides ist möglich und zulässig. Die Prüfungsleiterin weiß: „Wenn ein Winzer bei einem merklichen Fehler Glück hat und sehr tolerante Prüfer am Werk sind, dann kann der Wein beim nächsten oder übernächsten Anlauf vielleicht durchrutschen. Wir hatten aber auch schon Fälle von zehn ergebnislosen Einsprüchen. Eine Klage kann nur aussichtsreich sein, wenn uns gravierende Fehler nachgewiesen werden sollten.“
Wie viel Weine scheitern überhaupt bei der Qualitätsweinprüfung und können dann nur mehr als „Deutscher Wein“ verkauft werden? „In der Menge sind das nicht mehr als vielleicht ein Prozent einer Ernte“, schätzt Dreisiebner. Ein gutes Zeichen dafür, dass in Württemberg sorgfältige Kellerwirtschaft betrieben wird. In einigen anderen deutschen Regionen sind die Quoten deutlich höher.
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Magdalena Dreisiebner stellt sich den Herausforderungen (Foto: S. Mathias)
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Magdalena Dreisiebner liebt die Vielfalt ihrer Aufgaben (Foto: M. Dreisiebner)
Es mag überraschen, dass eine junge Frau Chefin der Qualitätsweinprüfung ist. Sie selbst bemängelt, dass es in den Prüfkommissionen zu wenig Frauen gibt („zehn Prozent sind eine niedrige Quote“). Aber die vor wenigen Tagen 33-jährige gebürtige Pfälzerin (geboren in Bad Dürkheim) mit familiären Wurzeln in Österreich („der Papa kam aus der Südsteiermark nach Deutschland und war hier in Rheinhessen und der Pfalz in Weingütern als Außenbetriebsleiter tätig“) kann gewissermaßen 25 Jahre „Berufserfahrung“ vorweisen!
Schon als Achtjährige probierte sie unter Aufsicht des Vaters gründlich und kritisch Pfälzer Gewürztraminer und tippte dabei auf den Sieger eines Wettbewerbs. „Alles gespuckt, wie es der Papa befahl.“ Weil Wein in der Familie auch ohne eigenen Betrieb eine wichtige Rolle spielte, war der Weg für Magdalena vorgezeichnet. Von 1999 bis 2003 studierte sie in Geisenheim Weinbau und Oenologie. Dann machte sie vier weitere Jahre in Gießen und wieder Geisenheim weiter und schloss schließlich als Master of Science der Weinwirtschaft ab. Zwischendrin erwarb sie das Prüferzertifikat in der Pfalz und wurde gleich zu Obfrau bei der Prämierung bestimmt. Nach über sieben Jahren Studium mit sehr guten Abschlüssen wurde sie Assistentin der Geschäftsleitung im namhaften Pfälzer Weingut Mosbacher in Forst, bekam die Freiheit, an vielen Verkostungen teilzunehmen, leitete Seminare - bis sie im Frühjahr 2010 eine Stellenangebot aus Württemberg entdeckte, sich bewarb und zur eigenen Überraschung den Vorzug vor einigen männlichen Konkurrenten bekam. „Die Pfalz ist meine Heimat, ich hatte einen guten Job, aber ich wollte einfach wieder etwas Neues machen“, erklärt sie den Wechsel.
Neben der Qualitätsweinprüfung und der Führung der Weinkartei unterrichtet sie noch Techniker, Küfer sowie Weinerlebnisführer über das Weinrecht. „Die Vielfalt meiner Aufgaben macht Spaß“, lacht die scheinbar immer fröhliche Magdalena. Beim Wein musste sie sich selbst etwas umstellen. „Ich bin mit Riesling groß geworden“, berichtet der blonde Wirbelwind. „Hier lernte ich den Rotwein, vor allem den Lemberger, lieben. Auch mit dem individuell im Holzfass ausgebauten Trollinger habe ich Freundschaft geschlossen. So regionale Spezialitäten muss man fördern.“ (r.knoll)
Quelle: Yoopress
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