Freitag, 14. Februar 2014

Weine von Aldi, Lidl, Penny & Co.: Große Namen, wenig Geschmack

Jürgen Röder, Weinexperte des Handelsblatts, hat zu Weihnachten mit Freunden Weine aus Discountern probiert. Hier sind seine Bewertungen die sich zu 100 % mit meinen Erfahrungen decken:

Große Namen, wenig Geschmack
Wer für die Feiertage Weine aus den Top-Regionen trinken will, findet bei den Discountern ein vielfältiges Angebot. Doch was taugen diese Tropfen? Meine Freunde und ich haben einige einem „Geschmackstest“ unterzogen.

Weine aus den Discountern wie Aldi, Lidl, Netto, Penny oder Norma erfreuen sich großer Beliebtheit. Es gibt sogar ein spezielles Buch, das jährlich erscheint und sich mit einem besonderen Stil ausschließlich mit diesen Weinen beschäftigt, die in Discountern und Supermarktketten angeboten werden. In dieses Buch „Super Schoppen Shopper“ werden insgesamt 1500 Weine beschrieben.

Spätestens im Monat Dezember erhöht sich das Angebot der Billigheimer. Dann liegen in den Regalen dort die Weine für das Weihnachtsfest und den Jahreswechsel. Die Preise für diese Tropfen liegen meist über denen des ständigen Angebotes, mit vielversprechenden Namen aus den Top-Weinregionen Europas. Doch halten die Namen, was sie versprechen? Um Antworten auf diese Frage zu geben, habe ich vier „teure“ Weine aus verschiedenen Discountern gekauft und anschließend mit acht befreundeten Weinliebhabern verkostet.
 
Lagar de Robla, 2008, Vino des Arganza Spanien Vino de la Tierra de Castilla y Leon, gekauft beim Discounter Norma für 5,99 Euro
Dieser Wein, ein Landwein aus dem Nordwesten Spaniens, wirbt mit 91 Punktendes weltweit einflussreichsten Weinkritikers Robert Parker – was übersetzt heißt: ein hervorragender Wein. Doch davon haben wir bei der Verkostung nichts gespürt. Kaum ein Aroma in der Nase, anfangs auf der Zunge noch einigermaßen süffig, aber anschließend ohne Nachhall und Power.
 
Und die angeblich 18 Monate lange Reifung in amerikanischen Eichenfässern hat dem Landwein auch nicht geholfen. Für mich, der gerne spanische Weine trinkt, und hier aufgrund der klimatischen Bedingungen einen kräftigen Weine erwartet hat, eine Enttäuschung.
Selten habe ich Wein erlebt, bei dem die Parker-Punktezahl und mein Geschmacksempfinden so extrem gegensätzlich sind. Wie kann das sein? Sind die Punkte echt? Ja, denn sie wurden so im Parkers Wine Advocat veröffentlicht. Wurden Sie vielleicht gekauft? Das weiß man nicht, und man wird es nie herausfinden.
Denn es gab vor zwei Jahren bereits einen Skandal, wobei der Ruf der Parker-Benotungswelt speziell für Weine aus den spanischsprachigen Ländern geschädigt wurde. So soll Geld von Kellereien geflossen sein, um damit an Tastings des Parker-Benoters Jay Miller mitmachen zu dürfen. Angeblich sollen allein in der spanischen Region Murica 30.000 Euro geflossen sein, und für das Geld soll es hohe Parker-Punktzahlen gegeben haben.
Schließlich benötigt die spanische Weinbranche hohe Parker-Punktzahlen, um die fehlende Nachfrage angesichts der Wirtschaftskrise im eigenen Land durch Exporte wieder wettmachen zu können. Und eine hohe Parker-Punktzahl sorgt immer noch für hohe Umsätze.

Châteauneuf du Pape 2012, gekauft bei Aldi für 9,98 Euro

Wenn ich einen Châteauneuf du Pape aus dem Weinbaugebiet des südlichen Rhônetals trinke, dann erwarte ich einen wuchtigen Wein mit reifen Aromen von Beerenfrüchten und komplexen Gewürzen sowie einem relativ hohen Alkoholgehalt. Der hier produzierte Rotwein hat einen hervorragenden Ruf und wird oft als einer der besten Weine überhaupt bezeichnet.

Doch das haben ich sowie meine Freunde beim Aldi-Wein nicht erkannt. Der zeigte sich im Glas ungewohnt hell, der Duft verhalten und nicht komplex. Der Wein schmeckte nach zarter Frucht, hatte etwas Säure und nur wenig Gerbstoffe. Es war ein einfacher Wein, der sogar etwas Charme hatte. Aber er war nicht vergleichbar mit einem „klasssischen“ Châteauneuf du Pape; was natürlich auch mit dem Jahrgang zusammenhängt.
Getrunken werden kann dieser Wein eigentlich erst nach drei Jahren, gute Jahrgänge können über mehrere Jahrzehnte gelagert werden. Da kann ein Jahr alter Aldi-Wein nicht mithalten. Für das Geld gibt es beim Discounter oftmals bessere Weine aus dem südlichen Rhônetal – bei denen nur nicht der große Namen Châteauneuf du Pape auf dem Etikett steht.

Saint Emillion Grand Cru 2010 Grand Vin de Bordeaux, gekauft bei Lidl für 8,99 Euro
Ein großer Bordeaux-Wein, ein großes Gewächs. So steht es auf dem Etikett. Aber leider lässt der Wein derzeit nur erahnen, dass er aus der weltweit größten zusammenhängenden Region für Qualitätsweine stammt; denn der Jahrgang 2010 ist für das Weihnachtsfest 2013 eher nicht geeignet.

 Dieser Wein, eine Cuvée aus Merlot, Cabernet Franc und ein bisschen Cabernet Sauvignon muss noch ein paar Jahre reifen, um unter anderem den noch recht hohen Säureanteil abzubauen. Dabei schmeckte dieser Wein gar nicht so schlecht, obwohl ich anfangs im Glas wenig gerochen habe. Ich hätte die Flasche lieber Ende 2014 aufmachen sollen.

Contessa Paolina Barolo 2009, gekauft für 8,99 Euro bei Penny


Für mich ist der Barolo immer noch einer der besten Weine überhaupt. Dabei ist die Nebbiolo-Traube, aus der dieser Wein gemacht wird, nicht so leicht zugänglich. Der Nebbiolo gehört zu den am langsamsten reifenden Weinen, aber damit auch zu denen, die ihre Qualität am längsten behalten. Bereits nach den drei Jahren, die ein Barolo reifen muss, zeigt sich die Traube von ihrer besten Seite.
Barolo-Weine aus der italienischen Region Piemont kosten mindestens 20 Euro - das weiß ich nach mehreren Urlauben dort. Manche Top-Erzeugnisse sind nicht unter 200 Euro käuflich zu erwerben. Kann der Penny-Wein, der nur einen Bruchteil kostet, mithalten? Jein, lautet meine Antwort. Der Wein aus dem Penny-Regal ist kein schlechter, sondern ein Wein ohne Tadel, der auch nach der Nebbiolo-Traube schmeckt. Er roch sehr angenehm, auch die Tannine waren zu schmecken.

Trotzdem ist es nur ein „Barolo light“, denn es fehlten die Opulenz, die mächtigen, warmen Gerbstoffe und die noble Frucht, die eigentlich einen guten Barolo ausmachen. Dennoch war ich überrascht vom Penny-Wein und vor allem von seinem Preis. Offenbar ist das Angebot so groß und die weltweite Nachfrage geringer, so dass Barolo-Weine so preisgünstig angeboten werden können.

Fazit: Nein, diese Weinen konnten ihren Ansprüchen nicht genügen – zumindest nicht denen, die mit dem Etikett verbunden sind. Es waren – vielleicht bis auf den spanischen Wein Lagar de Robla – keine grundsätzlich schlechten Tropfen. Aber bevor ich einen Châteauneuf du Pape für 9,99 Euro kaufe, kaufe ich lieber einen vom Anspruch her einfacheren Wein.

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